Unter dem Titel „Wasserstoff: Brauchen wir neue Berufsprofile?“ diskutierte der heutige Stammtisch Ideen für die bessere Integration von Weiterbildungsmaßnahmen in die Berufswelt. Die Moderation übernahm Uwe Schulz-Hofen, ehemaliger Abteilungsleiter „Arbeit und Berufliche Bildung“ in der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.
Es diskutierten mit den Zuschauern:
- Antonia Kohlbecher, Abteilungsleiterin für Arbeitsmarkt, Bildung, Integration und Gesellschaftspolitik bei den Unternehmensverbänden Niedersachsen,
- Frank Fickel, Projektmanager Netzwerkmanagement bei der ITS mobility Deutschland, Experte für die Themen Wasserstoff und automatisches sowie vernetztes Fahren und Verbundpartner im Weiterbildungsverbund
- Felix Fleckenstein, Projektleiter bei der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Niedersachsen im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes und Mitglied des Niedersächsischen Wasserstoffnetzwerks
Die Dynamik des Ausbaus der Digitalwirtschaft, der Elektromobilität, der Energie- und in der Wasserstoffwirtschaft nimmt zu. Eine Diffusion von Sprunginnovationen steht bevor. Ein dabei leicht zu übersehender, gefährlicher Engpassfaktor könnte das dafür erforderliche Fachkräfteangebot werden.
Im 1. Block ging es um die Frage, welche konkreten Kompetenzen in der Energie-, Wasserstoff- und Digitalwirtschaft nachgefragt werden?
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB hat auf der Grundlage einer noch sehr kleinen Datenbasis eine Liste mit Begriffen, die Bezüge zu möglichen H2-Kompetenzen aufweisen mit Anforderungen in online-Stellenanzeigen verglichen. Die identifizierten Stellen betrafen ca. 25 unterschiedliche Berufsgruppen. Das Anforderungsniveau der ausgeschriebenen Stellen wurde sowohl mit „hochkomplexe Tätigkeiten“ als auch mit „fachlich ausgerichtete Tätigkeiten“ beschrieben.
Diese in erster Linie wissensbezogenen Kompetenzen müssen mit der Kompetenz „Fertigkeiten“ und den personalen Kompetenzen „Sozialkompetenz“ und „Selbstkompetenz“ einhergehen. Die erforderlichen Kompetenzen können nicht einfach „vermittelt“ werden; sie können z.B. im Zusammenhang mit projektbezogenen Aufgaben in Geschäftsprozessen entstehen, für die Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden müssen. Berufsübergreifende Kompetenzen werden voraussichtlich eine stärkere Bedeutung haben als berufsspezifische Kompetenzen.
In einem 2. Block stand zur Diskussion, in welcher Weise die in Deutschland bestehenden Qualifizierungssysteme weiterentwickelt werden müssen, damit die benötigten Fachkräfte rechtzeitig und in ausreichendem Umfang qualifiziert werden können?
Entlang der in Deutschland etablierten Ordnungsmittel und Systeme ergeben sich neue Qualifikationen erst aus der Anwendung neuer Technologien in der Praxis. Problematisch wird es aber, wenn für künftige Tätigkeiten qualifiziert werden muss, die noch nicht etabliert und teilweise noch gar nicht bekannt sind.
Die in den Teilsystemen unterschiedlichen Flexibilitätsspielräume müssen stärker genutzt werden; Aus- und Weiterbildung sind bisher zu stark voneinander getrennt. Erfahrungen der Beschäftigten aus den Betriebsabläufen heraus müssen stärker genutzt werden.
Im 3. Block wurde besprochen, wie möglichst viele Beschäftigte die für die Entwicklung der Energie-, Wasserstoff- und Digitalwirtschaft erforderlichen Kompetenzen möglichst schnell erwerben können?
Betriebe entweder mitten im Innovationsprozess oder Betriebe die wegen einer angespannten Auftragslage dazu neigen, Innovationen zu verschieben, können ihre Beschäftigten nicht für eine mehrwöchige Weiterbildung entbehren. Ein schrittweise Kompetenzentwicklung von ca. 1-wöchigen Submodulen, zu Modulen und schließlich Berufsbildpositionen unter Einbeziehung von Plattformlernen und peer-group learning wurde als gangbarer Weg dafür angesehen. Dies könnte mit einer gezielten Förderung von Betrieben, die ihren Beschäftigten eine Qualifizierung ermöglichen, flankiert werden.
Im 4. Block wurde die Rolle von Weiterbildungsverbünden thematisiert und hinterfragt, wie sie Klein- und Mittelbetriebe in diesem Prozess optimal unterstützen können.
Dafür ist eine hohe Akzeptanz der KMU und ihrer Beschäftigten erforderlich. Die in einem Netzwerk kooperierenden Betriebe müssen davon ausgehen können, dass sie von der Zusammenarbeit gut profitieren können. Initiativen wie Ideen-Börsen können die entscheidenden Aktivitäten dafür auslösen.
Weiterbildungsverbünde können in Zusammenarbeit mit Wirtschafts- und Sozialpartnern, unterschiedlichen Bildungsdienstleistern und Netzwerken die KMU z.B. bei
- der Identifizierung erforderlicher Qualifikationsanforderungen,
- als Lotsen bei der Auswahl der passenden Kompetenzvermittlung,
- mit einem betriebsspezifischen Qualifizierungscoaching,
- beim Aufbau von peer-group-learning
- der Nutzung von Qualifizierungsplattformen
unterstützen.
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